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Zuletzt geändert am 20.03.2024, 16:26:58

Auf freier Strecke

Das kleine 1x1 der Bahnfotografie Teil 1: „Auf freier Strecke“

Liebe BB-User, hiermit wird Euch eine kleine Anleitung ins Forum gestellt, um denen, die sich bildertechnisch weiterentwickeln wollen, ein wenig zu helfen. Erfahrungsgemäß hat jeder seine eigenen Erfahrungen gesammelt, der gegenseitige Austausch macht das fotografische Wissen jedoch erst aus.

In diesem Teil wollen wir uns um die Probleme kümmern, die auftreten, wenn wir uns auf freier Strecke befinden. Wir werden wichtige Fragen über die Vorbereitung unserer Fototour treffen und uns Sorgen um den Standpunkt machen.

Sind wir doch mal ehrlich: Den perfekten Fotopunkt gibt es (vermutlich) nicht. Eines jeden Fotografen Wunsch ist es, einen Fotopunkt zu haben, der vom Sonnenstand aus gesehen nicht im Gegenlicht erscheint, möglichst wenig störende Schaltkästen und Graffiti-beschmierte Lärmschutzwände mit sich bringt, in beide Richtungen einsehbar ist und bestenfalls mit einem herrlichen Alpenpanorama gesegnet ist. Signalanlagen, die den Verkehr ankündigen wären das i-Tüpfchen…

Aber zurück zur Realität. Nur wer bereit ist, nach guten Fotostandorten zu suchen, wird sie auch finden. Dazu gehört es eben auch mal, die Feldwege zu verlassen, durch Schilf zu stapfen, im Moor knöcheltief im Schlamm zu versinken oder nach gelungenem Lokfoto vor den Augen der Fahrgäste mit gesamter Ausrüstung von einem aufgeweichten Hang herunter zu fallen. (Alles schon gehabt!)

Wichtig ist, dass man die Augen offen hält und sich notfalls auch kreative Standpunkte holt. In ländlichen Gegenden und auf freiem Feld sind oft Jägerhochsitze verteilt. Diese bringen eine völlig neue Sichtweise auf das Bild. Natürlich soll sich nun niemand dazu animiert fühlen, auf die Hohenzollernbrücke zu klettern, aber Brücken, deren seitliche Auffahrtsrampen, Schutt-und Erdhaufen bieten vielerorts eine willkommene Abwechslung.

All unsere Anfänge waren sicher nicht von Beginn an mit Erfolg gekrönt. Es gibt einfach zu viele Bilder, die man in spitzem Winkel von einer seitlich verlaufenden Straße / Weg gemacht hat. Sicherlich ist diese 10°-20°-Ansicht nicht falsch, aber auf Dauer sind die besseren Bilder eben jene, die mit größerem Winkel aufgenommen wurden. Wer also eine feine Lok immer nur im schlanken Portrait fotografiert, wird in ein paar Jahren wohl kaum mehr wissen, was sie an Wagenmaterial am Haken hatte.

Gehen wir davon aus, wir haben mehrere schöne Fotopunkte gefunden. Wie wollen wir aber den geeignetsten herausfinden?
Es ist immer eine Frage der Situation! Angenommen, wir haben die Info, das 140 002 (der Herr sei gelobt, sie fährt noch!) aus Richtung A kommen wird-. Wir sortieren also unsere Fotopunkte durch.

Grundlegend sollten wir uns die meisten Sorgen um das Licht machen.- also fliegen schon mal die Standorte raus, bei denen die Sonne mit der Fahrtrichtung des Zuges entgegenkommt. Ein stimmiger Nachschuss mit flauschigen Wolken ist oftmals mehr wert als ein überstrahlter Himmel mit schwarzer Zugpampe.

Wer jedoch keine andere Wahl hat, als ins Gegenlicht zu fotografieren, der wage einfach mal eine Seitenaufnahme. Man entferne sich- wenn möglich- etwa 30-50 Meter ins freie Feld. Von dort kann man eine Seitenaufnahme machen. Diese hat auch oftmals ihren Reiz.

Wenn jedoch im Optimalfall das Licht von hinten kommt, freuen sich auch die Fotografen der Kompaktkameraklasse. Denn auch unerfahrene Benutzer, die mit Automatikfunktionen arbeiten, werden dann voll auf ihre Kosten kommen.

Ist der optimale Fotoplatz gefunden, sucht man sich seinen Bildaufbau zusammen. Für die meisten angehenden Fotografen ist es schwer, die Kamera um 90° zu drehen und auch mal hochformatig zu fotografieren. Ich gebe zu, die meisten Kameras sind eben vom Handling her nicht dafür gemacht.

Wer sich jedoch entscheidet, im Hochformat zu arbeiten, der muss damit rechnen, dass sich die Perspektive enorm verändern wird. Denn das hochformatige Foto kann eine unglaubliche Tiefenwirkung hervorrufen. Zudem ist es geschickt darin, Leitungsmasten oder Signale, oft auch schöne Wolkenpartien auf das Bild zu zaubern. Probiert es aus!

Wichtig ist auch, verschiedene Testbilder vor dem eigentlichen Zug zu machen- plant in etwa, wo Ihr Eure Lok / Zug im Bild fotografieren wollt. Der Sucher Eurer Kamera / das Display ist im Grunde der Gestaltungsraum, in dem Ihr Licht & Schatten, Fahrleitungsdraht, Lok und Schiene sowie Himmel und Hintergrund unterbringen müsst. Es macht einiges aus, wenn man seinen Standpunkt ändert. 2 Meter nach rechts, ein Kirchturm kommt hinter den Bäumen hervor, 4 Meter links und das abgeschnittene Auto ist ganz im Bild. (und lässt sich bei Bedarf rausschneiden).

Macht also Testbilder und sucht Euch dann einen geeigneten Standort heraus. Es muss in diesem Fall ja kein Zug auf den Bildern sein, Hauptsache, man findet seine Lieblingsstelle.

Wenn der Fotopunkt nun besetzt ist, beginnt das Warten auf den Zug. Diese Zeit kann mit einigen Testfotos überbrückt werden. In jedem Fall sollte man sich die Farben und die Belichtung seiner Bilder anschauen- auch den Himmel beobachten! Ist im perfekten Moment gerade eine Wolke vor der Sonne ändert sich die Lichtstimmung oft schlagartig.

Wir lernen also daraus: Wer sich genau umsieht und abseits der Wege wandert, erkennt oftmals die wahre Schönheit mancher Fotopunkte.

Voraussetzung ist natürlich, sich darauf einzulassen und sich dementsprechend um zu stellen. Wer eine Bahnlinie hat, die durch den Wald führt, der sollte im besten Fall eine Astschere bei sich führen. Feste Schuhe sind natürlich überall Pflicht, um Hügel oder ggf. auch Bäume hinauf zu klettern.

Der Letzte Tipp ist einer, der bereits so manches Bild gerettet hat: Wer sein Bild z.B. leicht schief geschossen hat, ärgert sich sicherlich darüber, dass beim geradestellen Objekte wie Signale oder dergleichen abgeschnitten werden. Es lohnt sich immer, vor dem Foto die Brennweite um einen geringen Wert zu verringern. Somit kann man seine Bilder nach hektischen Aufnahmen geradedrehen, ohne „Einschnitte“ hinnehmen zu müssen. Ist das Foto gelungen, kann man es immer noch passend auf den eigentlichen Bildausschnitt zuschneiden.

Welche Tipps rund um die Bahnfotografie habt Ihr parat? Postet mit!

Mit freundlichen Grüßen
A. Hofbauer