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Bahnhofsmodell Tirschenreuth

(Korbinian Eckert, 8.9.2015 17:42)

Hallo,

die Eisenbahnfreunde Tirschenreuth haben im Auftrag der Stadt Tirschenreuth das Bahnhofsgelände im Maßstab 1/87 (H0) nachgebaut. Das Modell misst ca. 8x1,4 m und wurde in 7 Jahren und ca. 2500 ehrenamtlichen Arbeitsstunden erstellt.

Das Bahnhofsgelände wurde im Stil der 50/60er Jahren dargestellt. Das Modell ist daher nicht rein eine Modellbahn, sondern vielmehr eine Dokumentation der Stadtgeschichte.

Tirschenreuth lag an der Bahnstrecke Wiesau - Bärnau.

Zum Bahngeschichte Tirschenreuths:

Nach langem Kampf für den Bahnanschluss und um die Streckenführung, zum ersten Mal hatte man sich deswegen am 18. November 1861 an König Maximilian II. Josef gewandt, fuhr am 10. November 1872 der erste Zug im Tirschenreuther Bahnhof ein. Die Eisenbahn brachte neue Möglichkeiten für persönliche Mobilität, vor allem aber die entscheidende Voraussetzung für den Aufschwung der Stadt.
Dafür hatten die Tirschenreuther große eigene Leistungen erbracht. Diese erste Vizinalbahn in Ostbayern wurde von der (privaten) ?Königlich privilegierten Aktiengesellschaft der Bayerischen Ostbahnen? gebaut, die Stadt Tirschenreuth musste die Kosten des Grunderwerbs und der Erdarbeiten übernehmen, einen Betrag in Höhe von 103.764 Mark. Die Stadt nahm ein Bankdarlehen auf, das durch die Verpfändung von 189 Hektar Grund, hauptsächlich Gemeindewald, hypothekarisch abgesichert wurde. Die Zins- und Tilgungsbelastungen für diesen Kredit betrugen jährlich 23.324 Mark. Dafür reichte das Steueraufkommen der Stadt von jährlich etwa 6.800 Mark bei weitem nicht aus. Deshalb beschloss der Magistrat quasi einen ?Soli?, nämlich eine Erhöhung des Zuschlags auf das zum Bierbrauen nötige Malz. Geschichtliche Fußnote: nach Erlass des zweiten Vizinalbahngesetzes mit neuen Regelungen im Jahr 1882 erhielt die Stadt insgesamt 46.286 Mark (das entsprach den Kosten für die Erdarbeiten beim Bahnbau) zurückerstattet und konnte das zuvor aufgenommene Darlehen tilgen. Die Staatsregierung hatte erkannt, dass das Vizinalbahnsystem in der bisherigen Form unter anderem wegen der finanziellen Belastungen geändert werden musste, so wurde auch die geschilderte Rückvergütung für die bisherigen Kostenträger beschlossen.


Diese damaligen Investitionen in die Zukunft Tirschenreuths waren, wie die Geschichte gezeigt hat, weitblickend und klug. Ohne den Eisenbahnanschluss 1872 wären kaum industrielle Betriebe, und damit Arbeitsplätze, angesiedelt worden, hierher gezogen oder am Ort geblieben. Die Einwohnerzahl wäre bei weitem nicht so gestiegen. Das Bahnhofsareal entwickelte sich zum frühen ?Industriegebiet?: Hier standen bzw. stehen das Dampfsägewerk Hübel und Platzer, die Tuchfabrik Mehler, die Maschinenfabrik Hamm oder die Porzellanfabrik. Die Bahn brachte Roh- und Baustoffe sowie Brennstoffe; die für eine Industrialisierung damals unabdingbare Kohle konnte nun günstig und schnell transportiert werden. Mehr als 40 an einem Tag im Bahnhof zum Be- und Entladen bereitstehende Güterwagen waren keine Seltenheit. Tirschenreuther Betriebe erschlossen sich neue Absatzmärkte, heute werden Tirschenreuther Produkte in alle Welt geliefert.

Ein Merkmal des Bemühens um rationelle Betriebsführung auf dieser Strecke waren die ?GmP?: Güterzüge, denen Personenzugwagen angehängt waren. Dies war zuletzt ? in den 70er Jahren - so gut wie einmalig bei der Deutschen Bundesbahn. Die Personenwagons waren die wegen ihrer aus Stahlblech gebauten und deshalb geräuschvoll dröhnenden Wagenkästen sogenannten ?Donnerbüchsen?, die Kult-Personenwagen der Eisenbahnfreunde schlechthin, zweiachsig mit offenen Einstiegsplattformen am Wagenende. Die letzten drei Donnerbüchsen der Deutschen Bundesbahn überhaupt (84 803 Nür, 84 865 Nür und 85 466 Nür) wurden bis mindestens 1974 auf der Strecke Wiesau - Tirschenreuth eingesetzt. Deren Besonderheit: eine wageneigene Ofenheizung, weil diese Wagons auch in den GmP mit der V 60 eingesetzt waren, welche als Lok für den Rangierdienst und kurze Güterzüge nicht mit einer Zugheizeinrichtung ausgerüstet war. Nach ihrer Ausmusterung kamen diese drei Tirschenreuther Donnerbüchsen ins Eisenbahnmuseum Darmstadt-Kranichstein.

Rückläufige Zahlen im Fahrgastaufkommen führten dazu, dass die Bundesbahn die Fahrten zunehmend einschränkte. Am 22. September 1989 wurden die Personenzüge mit dem Schienenbus auf dem Abschnitt Tirschenreuth-Wiesau komplett aufgegeben.

Eine V 60, und zwar die 365 627, war es auch, die am 13.01.2000 den letzten Güterzug ? ein paar Wagons vom Kaolinwerk Schmelitz, dem praktisch letzten Bahnkunden ? auf der Tirschenreuther Bahn beförderte. Offiziell war bereits am 3. Januar 2000 Abschied genommen worden.

Heute ist die Strecke abgebaut und ein Radweg säumt die Felder und Orte, an denen einst ein Dampfross qualmte.
Der Bahnhof Tirschenreuth stand lange Zeit leer und wurde 2009 abgerissen.

Das Modell soll nicht nur den Tirschenreuther Bürgern einen Einblick in die Stadtgeschichte geben. Auch soll es der Jugend eine Vorstellung geben wie Tirschenreuth zu dem wurde, was es heute ist.

Ich möchte euch das Modell natürlich nicht vorenthalten und zeigen wie es damals in Tirschenreuth ausgesehen hat. Hier geht's zu der Bildergalerie, die nach und nach noch weiter ergänzt wird:

http://www.bahnbilder.de/name/galerie/kategorie/modellbahn~anlagen~modell-bahnhof-tirschenreuth.html

Viel Spass beim Ansehen der Bilder.

Viele Grüße
Korbinian Eckert


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   Bahnhofsmodell Tirschenreuth Korbinian Eckert 8.9.2015 17:42




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