Seit kurzem scheint es ein wenig mehr Rechtssicherheit zu geben, denn das Bundesministerium des Inneren hat sich auf Anfrage eines Mitglieds der Fotocommunity.de zum Thema geäußert. Einer solchen Klarstellung werden sich die Gerichte nicht ganz entziehen können und dies entspricht auch der Möglichkeit des §85 der DSVGO. Das BMI bittet sogar um Verbreitung dieses Textes:
BMI via fotocommunity.de schrieb:
Auskunft des BMI:
Sehr geehrter Herr …, vielen Dank für Ihre Anfragen vom 30. April und 03. Mai 2018.
Eine Verbreitung dieser Antwort ist wünschenswert, sofern die Antwort vollständig wiedergeben und nicht einzelne Passagen aus dem Zusammenhang gerissen werden.
Gerne nehme ich vertiefend zu Ihren Fragen Stellung. Um Wiederholungen zu vermeiden, möchte ich jedoch eingangs erneut betonen, dass sich aus der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) und den diese ergänzenden nationalen Gesetzen keine wesentlichen Änderungen der Rechtslage bei der Anfertigung und Verbreitung von Fotografien ergeben.
Das Anfertigen von Fotografien wird sich auch zukünftig auf eine – wie bislang schon – jederzeit widerrufbare Einwilligung oder alternative Erlaubnistatbestände wie die Ausübung berechtigter Interessen (Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO) stützen können. Diese Erlaubnistatbestände (nach geltender Rechtslage Art. 7 der geltenden EU-Datenschutz-Richtlinie 95/46/EG i.V.m. den nationalen Umsetzungsgesetzen) decken seit vielen Jahren datenschutzrechtlich die Tätigkeit von Fotografen ab und werden in Art. 6 DS-GVO fortgeführt. Die Annahme, dass die DS-GVO dem Anfertigen von Fotografien entgegen stehe, ist daher unzutreffend.
Für die Veröffentlichung von Fotografien bleibt das Kunsturhebergesetz auch unter der ab dem 25. Mai 2018 anwendbaren Datenschutz-Grundverordnung erhalten. Es sind, wie ich bereits in meiner Antwort ausgeführt habe, keine Änderungen oder gar eine Aufhebung mit Blick auf die Datenschutz-Grundverordnung vorgesehen.
Die Ansicht, das Kunsturhebergesetz werde durch die DS-GVO ab dem 25. Mai 2018 verdrängt, ist falsch. Das Kunsturhebergesetz stützt sich auf Artikel 85 Abs. 1 DS-GVO, der den Mitgliedstaaten nationale Gestaltungsspielräume bei dem Ausgleich zwischen Datenschutz und der Meinungs- und Informationsfreiheit eröffnet. Das Kunsturhebergesetz steht daher nicht im Widerspruch zur DS-GVO, sondern fügt sich als Teil der deutschen Anpassungsgesetzgebung in das System der DSGVO ein. Eine gesetzliche Regelung zur Fortgeltung des Kunsturhebergesetzes ist nicht erforderlich. Ebenso führen die Ansätze anderer Mitgliedstaaten, die sich in allgemeiner Form zum Verhältnis von Datenschutz und Meinungs- und Informationsfreiheit verhalten, in der praktischen Umsetzung nicht weiter und führen nicht zu mehr Rechtssicherheit. Die grundrechtlich geschützte Meinungs- und Informationsfreiheit fließt zudem unmittelbar in die Auslegung und Anwendung der DS-GVO ein, insbesondere stellen sie berechtigte Interessen der verantwortlichen Stellen nach Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO dar. Die DS-GVO betont, dass der Schutz personenbezogener Daten kein uneingeschränktes Recht ist , sondern im Hinblick auf seine gesellschaftliche Funktion und unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsprinzips gegen andere Grundrechte abgewogen werden (Erwägungsgrund 4). Zu den von der DS-GVO in diesem Zusammenhang genannten Grundrechten zählt ausdrücklich auch die Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit.
Ich würde mich freuen, wenn die vorstehenden Ausführungen dazu beitragen, Ihnen Ihre Befürchtungen zu nehmen.
Mit freundlichen Grüßen Im Auftrag Regina Krahforst Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat – Bürgerservice –
Somit ist die angemahnte Untätigkeit der Regierung in Sachen KUG vs. DSVGO beendet und der Automatismus "EU-Verordnung gilt unmittelbar bei Nichtumsetzung im nationalen Recht" höchstwahrscheinlich beendet, auch wenn im kursierenden Schreiben das Datum fehlt. Damit könnte man sich in Sachen Anfertigung von Fotografien auf dieses Schreiben berufen. Das wäre eine sehr gute Nachricht für alle Fotografen. Die Situation der Fotocommunity.de dürfte sich recht deutlich mit der Situation von BB decken. Ich empfehle auch die Lektüre des Artikels von Amin Negm-Awad bei der Fotocommunity unter http://www.fotocommunity.de/blog/fotografisches/informationen/dsgvo-fuer-fotografen? , der sich deutlich mit dem Thema auseinandersetzt. Ich denke, dort kann sich jeder mal einlesen und seine eigenen Konsequenzen ziehen, wenn nötig. Natürlich versäume ich nicht, mich hier von den erwähnten Links zu distanzieren (unsere Juristen wollen solche Erklärungen, damit man nicht haftbar wird... ;-)
Somit eine vorläufige Entwarnung. Trotzdem sollten deutsche Fotografen vorsichtigerweise die ersten Wochen auf Bilder verzichten, die die Regelungen vom KUG und den diesbezüglichen Urteilen grenzwertig ausreizen.
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